Lisa Jungheim, KIT
Leerer Hörsaal mit hölzernen Sitzreihen in einem Universitätsgebäude.

Frag doch das Türschild!

Was haben ein Maultier, Stahlbeton und die IKEA-App gemeinsam? Sie alle sind „hybrid“ – aus Verschiedenartigem zusammengesetzt. Heutzutage laufen hybride Ansätze meist auf „digital + x“ hinaus. So auch am KIT, wo über die nächsten zehn Jahre einen Gutteil der Lehr- und Lernräume am Campus Süd digital ertüchtigt wird. Ziel ist die interaktive Live-Teilnahme an unterschiedlichen Orten oder, anders gesagt, die „hybride Lehre“. Anlass für ein paar Verständnisfragen an Professor Gerd Gidion vom Projektteam.

Welche Chancen eröffnet die hybride Lehre den Studierenden? Wozu der ganze Aufwand?

Gidion: Das Konzept der hybriden Lehre eröffnet Studierenden ein großes Spektrum an laufenden und an archivierten Lehrveranstaltungen. Es schafft zusätzliche Umgebungen für Kooperation und Simulation und es ermöglicht mehr Teilhabe an wissenschaftlicher Praxis. Studierende können ihr Studium in hybriden Veranstaltungen transparenter und vielfältiger organisieren. Außerdem helfen Dienste in hybriden Settings, Orts- und Sprachbarrieren zu überwinden, etwa durch automatische Verschriftlichung und Übersetzung. Dafür, dass diese Möglichkeiten am KIT nach und nach zum Standard werden, steht unser Projekt.

Was genau ändert sich für Studierende, wenn Vorlesungen oder Seminare in einer hybridfähigen Umgebung stattfinden?  

Gidion: Zunächst verwendet wissenschaftliche Arbeit selbst alltäglich und kontinuierlich computerbasierte Anwendungen und Umgebungen. Eine Übernahme dieser Praxis in die Lehre reduziert den Abstand zwischen Studieren und wissenschaftlichem Arbeiten. Sie verschafft folglich auch Studierenden Zugang zu Orten, Informationen, Diskursen und Scientific Communities. In gewisser Weise erweitern die hybriden Formate also Zeit und Raum. Das schafft, um im Bild zu bleiben, durchaus Orientierungsprobleme. Angebote, die Studierenden und Lehrenden bei dieser Orientierung helfen, gibt es zum Glück auch. Sie werden unter anderem vom Zentrum für Mediales Lernen, kurz ZML, von der KIT-Bibliothek sowie vom Scientific Computing Center bereitgestellt.

Und was versprechen sich Dozentinnen und Dozenten von der hybriden Lehre?

Gidion: Die digitalen Anwendungen in der hybriden Lehre erweitern die Interaktionsformate, wenn neben dem direkten Umgang auch eine computerbasierte Wechselwirkung stattfindet. Zum Beispiel lassen sich die Aktivitäten in digitalen Umgebungen vielfältig didaktisch evaluieren. Auch sind computerbasierte Experimente in hybriden Lehrformaten besser durchzuführen. Letztlich überführt hybride Lehre Gewohnheiten des Umgangs mit digitalen Medien – etwa Gruppenmitgliedschaften und Teamarbeit – ins Uni-Leben.

Ein leerer Klassenraum mit Holzstühlen und grüner Tafel vorne.
Lernumgebung ex ante: Im Laufe der nächsten zehn Jahre will das KIT alle Hörsäle sowie etliche Seminarräume digital aufrüsten.
Strom- und Datenanschlüsse mit eingesteckten Kabeln in einem Schaltkasten.
Auf dem Weg zu einem orts- und zeitunabhängigeren Studieren werden eine Menge Anschlüsse zu setzen sein.
Gerd Gidion spricht vor grünem Hintergrund und hält zwei Geräte.
Gerd Gidion ist Professor für Berufspädagogik mit Schwerpunkt Technikdidaktik am Institut für Schulpädagogik und Didaktik, wissenschaftlicher Leiter des ZML sowie Mitglied des Projektteams „Lehr- und Lernräume für Lehrende und Lernende“.

 

Ziel des Umsetzungsprojekts „Lehr- und Lernräume für Lehrende und Lernende“ (UP D1) ist es, am KIT ein kollaboratives, agiles, orts- und zeitunabhängiges Lehren, Lernen und Prüfen zu ermöglichen. Sämtliche Hörsäle sowie ein Drittel aller zentral verwalteten Seminarräume werden dafür nach und nach mit moderner Kamera- und Mikrofontechnik ausgestattet, an die auch private Laptops und Smartphones andocken können. Am Eingang der sanierten Räume werden digitale Türschilder die Belegung sichtbar machen, sodass Studierende die Räume nutzen können, wenn dort gerade keine Veranstaltung stattfindet. Los geht es in diesem Sommer mit zwei Seminarräumen und einem Hörsaal in Gebäude 10.81. Die Leitung des von Bau- wie von Digitalfachleuten betriebenen Projekts liegt bei den Dienstleistungseinheiten Campus Services und Facility Management.

Vertiefende Angebote zur hybriden Lehre und zu benachbarten Themen wie Blended Learning, Inverted Classroom und genKI gibt es unter anderem auf der Überblicksseite zum E-Learning am KIT und auf der Seite des Innovationsraums für generative KI.

Justus Hartlieb, 10.7.2025