Amadeus Bramsiepe, KIT
Industriegebäude mit Solardächern und Stromleitungen bei sonnigem Wetter.

Energieinnovationen im Praxistest

Wie sieht Forschung an der Zukunft der Energieversorgung konkret aus? Zwei Doktorandinnen am KIT geben Einblicke in ihre Arbeit am Energy Lab, der größten Forschungsinfrastruktur für erneuerbare Energien in Europa. Im Fokus stehen elektrische Netze, nachhaltige Mobilität – und der Wunsch nach praktikablen Lösungen.

Im Energy Lab am Campus Nord arbeiten interdisziplinäre Teams an den Herausforderungen der Energieversorgung von morgen. Mit dabei sind die Doktorandinnen Sarah Okumu und Honey Mol Mathew. Beide forschen an unterschiedlichen Themen – doch ihr Ziel ist dasselbe: Energiesysteme sicherer und nachhaltiger machen.

Stromnetze stärker machen

Sarah Okumu beschäftigt sich mit dem Schutz elektrischer Netze, insbesondere im Hinblick auf den wachsenden Anteil schwankender Stromerzeugung durch erneuerbare Energien. Schutzkonzepte sollen Stromnetze auch dann stabil und sicher halten, wenn zu viel Strom in die Netze eingespeist wird oder die Nachfrage besonders hoch ist, aber auch im Fehlerfall. Moderne Netze bestehen zunehmend aus Stromrichtern, die zum Beispiel aus Gleichstrom Wechselstrom machen oder dezentralen Erzeugern, wie Solarzellen auf Dächern – diese verhalten sich bei Fehlern ganz anders als klassische Kraftwerke. Die Schutztechnik muss darauf reagieren können. „Die Herausforderung ist, dass klassische Schutzkonzepte in diesen Netzen oft nicht mehr zuverlässig funktionieren“, erklärt Sarah. Am Energy Lab entwickelt sie deshalb neue Strategien, die für verschiedene Netzarchitekturen und Betriebssituationen angepasst und getestet werden können.

Dabei steht neben der Grundlagenforschung auch die praktische Umsetzbarkeit im Mittelpunkt. Dazu gehört die Simulation von Fehlern, das Testen von Schutzstrategien und die Validierung neuer Konzepte unter realitätsnahen Bedingungen. „Am Energy Lab können wir das alles sowohl modellbasiert als auch experimentell untersuchen und direkt vergleichen“, betont Sarah.

Datenanalyse und Optimierung am Prüfstand

Auch Honey Mol Mathew verbringt viel Zeit an den Prüfständen des Energy Labs. Ihre Forschung dreht sich um Gleichstrom-Microgrids und das Schnellladen von Elektrofahrzeugen – ein Thema mit wachsender Bedeutung. Sie untersucht, wie sich Strom effizient zwischen Batterie, Netz und Fahrzeugen übertragen lässt. Dabei kommen Halbleiterschalter zum Einsatz, um Schäden bei Fehlfunktionen zu vermeiden. „Ich verbringe viel Zeit mit der Analyse von Daten, der Modellierung von Kurzschlussverhalten in Halbleiterschaltern oder der Optimierung von Energiefluss- und Steuerungsstrategien“, sagt Honey Mol über ihren Arbeitsalltag.

Rückblickend beschreibt die Elektroingenieurin die Integration eines Steuerungssystems in die Dual Active Bridge-Wandler, die sie für ihre Arbeit nutzt, als die größte Herausforderung ihrer bisherigen Forschung. Diese Wandler sind immer dann nötig, wenn Batteriespeicher ge- und entladen werden. „Ich habe die Steuerung verfeinert, das Wärmemanagement verbessert und die elektromagnetische Verträglichkeit optimiert, um die Zuverlässigkeit des Systems zu erhöhen.“

Ein Solarpanel als Auslöser – und die Gesellschaft im Blick

Beide Forscherinnen bringen nicht nur Fachwissen, sondern auch persönliche Erfahrungen mit. Bei Honey Mol entstand das Interesse an Energiefragen durch einen Stromausfall in ihrer Kindheit, den ein kleines Solarpanel beendete – ein Moment, der ihr bis heute in Erinnerung geblieben ist. Für sie bedeutet Energieversorgung nicht nur Technik, sondern auch Lebensqualität, Zugang zu Chancen und gesellschaftlicher Teilhabe.

Ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist deshalb auch die internationale Zusammenarbeit. Das Forschungsteam kooperiert mit Partnern aus den USA, Indien und anderen Ländern, was neue Perspektiven eröffnet. „Die Vielfalt an Hintergründen macht unser Team stark“, sagt Honey Mol. Auch Sarah schätzt den Austausch: „Ich arbeite mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen – das ist inspirierend und erweitert den Horizont.“

Trotz der Komplexität ihrer Forschung haben beide auch die gesellschaftlichen Implikationen ihrer Arbeit im Blick: Sie sind überzeugt, dass technische Innovationen Hand in Hand gehen müssen mit gesellschaftlicher Verantwortung. Das Energy Lab stellt dafür die notwendige technische Infrastruktur bereit und bietet zugleich ein vielfältiges Forschungsumfeld. „Hier finde ich die Infrastruktur und den fachlichen Austausch, den ich für meine Arbeit brauche“, sagt Sarah.

Maximilian Ferber, 12.06.2025

Sarah Okumu lächelt in die Kamera. Amadeus Bramsiepe, KIT
Sarah Okumu arbeitet am Schutz elektrischer Netze. Am EnergyLab gebe es dafür alles, was sie brauche, so die Doktorandin.
Eine Frau lächelt in die Kamera in einem Büro. Amadeus Bramsiepe, KIT
Die Stromübertragung zwischen Batterie, Netz und Fahrzeugen steht im Fokus der Forschung von Honey Mol Mathew.