Zwischen Hörsaal und Bootshaus: Helena Brenke rudert zu Silber
Chemieingenieurwesen studieren, mehrmals täglich trainieren und dabei noch eine Medaille bei den „FISU World University Games“ gewinnen – wie schafft man das? Die 21-jährige Helena Brenke zeigt, dass Studium und Spitzensport kein Widerspruch sein müssen.
Wenn morgens die ersten Studierenden in die Vorlesung eilen, hat Helena das erste Training schon hinter sich. Später geht es für sie in den Hörsaal oder ins Labor und am Abend wieder in den Kraftraum oder aufs Wasser. „Mein Tag ist zwar voll, aber mir macht Spaß, was ich tue“, sagt die 21-Jährige auf einer Veranstaltung der KIT KinderUni 2025, bei der die 6- bis 11-jährigen „Studierenden“ an ihren Lippen hängen.
Seit zehn Jahren sitzt Helena im Ruderboot. Angefangen hat alles im Rheinhafen, als sie elf Jahre alt war. Zuvor hatte sie Leichtathletik und Schwimmen ausprobiert, doch das Rudern ließ sie nicht mehr los. Heute trainiert sie bis zu 30 Stunden pro Woche, wenn man Fahrzeiten und Regatten mitzählt. „Mit Kommilitoninnen und Kommilitonen regelmäßig feiern oder Hochschulgruppen sind da nicht drin“, sagt sie lachend. Freundschaften hat sie trotzdem in beiden Welten und pflegt diese beim Training und in der Mensa.
Deutschland auf der sportlichen Weltbühne vertreten
Das große Highlight in diesem Sommer waren die „FISU World University Games“ in Duisburg. Im Vierer-Mixed gelang Helena mit Team Deutschland der Coup: Sie stand als Zweitplatzierte auf dem Podium und hatte eine Silbermedaille um den Hals hängen! „Das Mannschaftserlebnis war einfach mega. Wir haben sofort gemerkt, dass im Boot alles passt“, erzählt sie. Die besondere Stimmung rund um die Studierenden-Weltspiele bleibt ihr in Erinnerung. Spitzensportlerinnen und -sportler aus achtzehn verschiedenen Sportarten sowie Begegnungen in der Mensa fühlten sich fast an wie die Olympischen Spiele. „Jedes Land und jede Sportart bekam spezielle Pins, die konnte man tauschen und sammeln. Das war ein super Icebreaker, um mit anderen ins Gespräch zu kommen“, berichtet Helena.
Auch wenn Erfolge zählen, will Helena nicht alles auf eine Karte setzen. „Profisportlerinnen und -sportler sind in Deutschland oftmals bei Polizei oder Bundeswehr angestellt und machen ausschließlich Sport. Ich finde es gut, dass bei mir nicht alles an den sportlichen Erfolgen hängt“, sagt sie. Das nimmt Druck heraus und ermöglicht ihr, langfristig zu planen. Nach dem Bachelor möchte sie den Master dranhängen, vielleicht sogar promovieren: „Ich will mit 30 alle Türen offen haben.“
Partnerhochschule des Spitzensports
Dass Studium und Leistungssport parallel laufen können, liegt auch am KIT. Seit über zwanzig Jahren fördert es als „Partnerhochschule des Spitzensports“ Studierende. In allen elf KIT-Fakultäten gibt es Kaderathletinnen und -athleten, die durch eine Projektkoordinatorin im Studium unterstützt werden. Das fängt bei flexiblen Praktika an und geht sogar so weit, dass sie Klausuren mündlich oder an einem anderen Ort oder Zeitpunkt schreiben können. „Alle Dozentinnen und Dozenten waren bisher sehr entgegenkommend“, erzählt Helena. Das hat sie auch bei ihrem Auslandsaufenthalt in Frankreich erlebt: „Das Semester in Grenoble war super spannend. Dort gibt es eine ähnliche Struktur wie am KIT, was ich jedoch erst zufällig vor Ort herausgefunden habe, als mich der Trainer des Vereins dort mit dem Ansprechpartner an der Uni in Kontakt gebracht hat.“
Für sie ist klar: Sport und Studium ergänzen sich gegenseitig. Aus dem Rudern nimmt sie Disziplin und den Umgang mit Druck mit, aus dem Studium Zeitmanagement und Organisation. Prüfungsangst? Fehlanzeige. „Wenn man bei einem internationalen Rennen am Start liegt, ist die Anspannung größer als in einer Klausur.“ Und wie geht es weiter? Die nächste Saison wird ihre letzte in der U23-Klasse sein, die WM-Teilnahme ist das große Ziel. Danach wartet der „Erwachsenensport“ und vielleicht irgendwann Olympia.
Maximilian Ferber, 02.10.2025