„Biologie ist rausgehen!“
Am KIT kann man auf Lehramt studieren, so wie Maren Zimmermann. Was es bedeutet, eine Klasse selbst zu unterrichten, hat die Biologiestudentin Mitte Oktober zum ersten Mal ausprobiert – nach drei Jahren Studium. Wir waren dabei.
Wie wird es sein? Werden die Schülerinnen und Schüler ihren Unterricht mögen? Ihn kompliziert finden, schräg oder – schlimmer – langweilig? Maren Zimmermann, 24 Jahre alt, knetet ihre Finger. Drei Monate lang hat die Biologiestudentin auf Lehramt an ihrer Unterrichtseinheit gearbeitet, die gleichzeitig ihre Bachelorarbeit ist. Sie hat Theorie gewälzt, über Didaktik reflektiert und den Unterricht für unterschiedliche Altersstufen bestmöglich aufgebaut. Nun ist es so weit: Zum ersten Mal steht Maren mit einem selbstgestalteten Unterricht vor einer Klasse – 20 Abiturientinnen und Abiturienten des Kepler-Gymnasiums in Pforzheim mit Biologie als Basisfach.
Treffpunkt ist der Fermi-See auf dem Campus Süd des KIT. Der in den 1960er-Jahren angelegte Teich am Fuße des Physik-Hochhauses wurde kürzlich renaturiert. Aus dem hellgrünen Wasser ragen ein Meter hohe Stängel, struppige Gräser und moosbedecktes Holz. Maren hat sich zwei Aufgaben überlegt: Pflanzen bestimmen und die chemikalische Zusammensetzung des Wassers untersuchen. Das begeistert die Pforzheimer Biologielehrerin, Tina Roth: „Es ist eine tolle Idee von Maren, ein künstliches Gewässer als außerschulischen Lernort zu untersuchen. Biodiversität beschränkt sich nicht auf Korallen und Ozeane. Sie beginnt vor der Haustür, das vergessen Jugendliche oft.“
Easy, Seerose!
In Gruppen aufgeteilt, machen sich die Jugendlichen an die Arbeit. Maren hat ihnen wissenschaftliche Bestimmungsblätter in die Hand gedrückt: Sehr voll, extrem kleingedruckt, mit detaillierten Beschreibungen unterschiedlicher Wasserpflanzen, voller Fachbegriffe und Abkürzungen – für Laien ziemlich furchteinflößend. Die Schülerinnen und Schüler staunen, stöhnen und beißen sich durch. Schwimmt das Blatt oder taucht es? Wie lang ist der Stängel, welche Form hat die Blüte und wie sehen die Wurzeln aus? Und gibt es überhaupt welche? Maren läuft von einer Gruppe zur anderen, gibt Hinweise und zeigt Pflanzendetails.
Ab und zu steigen mutige Teilnehmende ins kalte Teichwasser, um ein Stück Pflanze abzuschneiden und zur besseren Beobachtung an ihre Gruppe weiterzugeben. Peu à peu schießen Namen durch die Luft: Ein Rohrkolben! Ein Froschlöffelgewächs! Ach, easy – eine Seerose! Und hier, ist es eine Wasser- oder eine Teichlinse? Eine einzige Wurzel schlängelt sich durchs Wasser, dann ist es wohl eine Wasserlinse.
Maren atmet auf. Die Zeit hat für die Aufgabe gereicht. „Ich kenne die Klasse nicht, deswegen ist es schwer, im Vorfeld einzuschätzen, ob ich es richtig geplant habe. Aber die Schülerinnen und Schüler waren bereitwillig dabei und haben alle Pflanzen bestimmt. Ich bin positiv überrascht!“
„Das Fach, das uns am nächsten ist“
Dass Maren sich für ihre Bachelorarbeit so viel Mühe gibt, hängt direkt mit ihrem Studium zusammen. Dieses sei theorielastig und umfasse lediglich drei Wochen Praktikum in einer Schule, so die angehende Lehrkraft: „Ich wollte deswegen etwas machen, das wir später im Beruf nutzen werden. Und: Biologie ist rausgehen! Draußen ist es einfach echter. Das ist ja an Biologie so spannend: Wir lernen über unseren Körper und unsere Welt. Für mich ist es das Fach, das uns am nächsten ist.“
Die Erkundung rund um den Fermi-See geht für die Jugendlichen weiter. Nun ist Wasserchemie dran. Jetzt heißt es: Wasserproben holen, Tropfen untermischen, Salzgehalt und pH-Wert bestimmen. Maren wirbelt wieder herum. Wissen zu vermitteln ist einfach ihr Ding: „Lehrerin zu werden, bedeutet für mich, Sinn in meiner Arbeit zu finden.“
Isabelle Hartmann, 27.11.2025
