Architekturgeschichte zum Anfassen
Wie prägen Bauwerke und ihre Entstehungsgeschichte das Stadtbild – und was erzählen sie über das KIT? Studierende der Architektur sind diesen Fragen auf den Grund gegangen. Ihre Ergebnisse zeigen sie in einer Ausstellung, die vom 3. bis 28. November 2025 im Gebäude der KIT-Fakultät für Architektur zu sehen ist.
Staubige Akten, vergessene Pläne und überraschende Fundstücke: Für das Projekt „Baukasten Karlsruhe“ haben Architekturstudierende vier Semester lang geforscht, gezeichnet, gebaut und gefilmt. Ihr Ziel: Die Wechselwirkungen zwischen Stadt und KIT über 200 Jahre hinweg sichtbar zu machen – anhand von zwölf Gebäuden, die mit der KIT-Fakultät für Architektur verbunden sind.
Dabei ging es nicht nur um die äußere Form, sondern auch um die Nutzung, die Bedeutung und die Geschichten hinter den Bauwerken. Die Ergebnisse sind in zwölf „Baukästen“ zusammengefasst und werden – nachdem sie schon im Regierungspräsidium zu sehen waren – nun zum 200-jährigen Jubiläum des KIT auf dem Campus präsentiert.
Spurensuche im Archiv
Sophie Weiss, Masterstudentin im Fach Architektur, hat sich mit einem unscheinbaren, aber bedeutenden Gebäude beschäftigt: dem Brunnenhaus in Durlach. Es wurde 1824 von Friedrich Weinbrenner – Gründer der Karlsruher Bauschule – entworfen und versorgte die Stadt bis 1871 mit Wasser, Teile von Durlach sogar bis in die 1960er-Jahre. „Es war echte Detektivarbeit“, erzählt Sophie. „Das Gebäude ist kaum dokumentiert, also habe ich das Stadtarchiv durchforstet.“
Auch das Vierordtbad, eines der ältesten Badehäuser der Stadt, spielt eine zentrale Rolle. Es wurde 1873 nach Plänen von Josef Durm gebaut, Professor an der damaligen Polytechnischen Schule, einer Vorgängereinrichtung des KIT. Die Studierenden zeigen, wie wichtig frei verfügbares, sauberes Wasser für die persönliche Hygiene war – denn bis ins frühe 19. Jahrhundert hatten viele Haushalte keinen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung.
Von Keramik bis U-Bahn: Karlsruher Vielfalt
Emil Seeber und Szymon Kucharczyk haben sich mit der Majolika-Manufaktur beschäftigt, die bis 2024 in Karlsruhe produzierte. Ihre Dokumenten-Recherche führte sie bis nach Thailand: Keramiken aus Karlsruhe schmücken dort den Palast von Rama V. Auch der Rese-Brunnen in Hannover und das berühmte Bambi stammen aus der Majolika. „Man fängt mit einem Ort an und entdeckt ein globales Netzwerk“, sagt Emil.
Ganz modern wird es bei Niklas Ellrich und seiner Gruppe. Sie haben die U-Bahnstation am Kronenplatz untersucht, die 2021 eröffnet wurde. Dank KIT-Professor Ludwig Wappner, der am Entwurf beteiligt war, hatten sie direkten Zugriff auf die Originalpläne. „Das Modell für die Ausstellung war eine Herausforderung“, erzählt Niklas. „Aber mit doppelten Wänden konnten wir die Drähte fürs Lichtkonzept sauber verlegen.“
Ausstellung planen – und bauen
Die Umsetzung der Ausstellung lag in den Händen von Veronika Hergert, Michael Wieland und Lucas Zirn – alle drei Bachelorstudierende und wissenschaftliche Hilfskräfte an der KIT-Fakultät für Architektur. Statt Seminarvorbereitung oder Dienst in der Bibliothek hieß es: sägen, schrauben, drucken, kleben. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine Ausstellung realisiere“, sagt Lucas. Michael ergänzt: „Das hilft uns später im Beruf – planen, organisieren, präsentieren.“ Veronika freut sich besonders darüber, dass die Ausstellung einem breiten Publikum zugänglich gemacht wird.
Neben den genannten Projekten gibt es weitere spannende Einblicke: Die Geschichte der Gewächshäuser im Botanischen Garten, genossenschaftliche Wohnprojekte mit Selbstversorgung, die Entwicklung von Wohnblöcken und sogar drei Brücken in Karlsruhe.
Brigitte Stahl-Busse, 16.10.2025
Baukasten Karlsruhe – 200 Jahre polytechnische Architektur
Wann? Montag, 3. November, bis Freitag, 28. November 2025, Öffnungszeiten Mo. – Fr., 8:00 – 19:00 Uhr. Vernissage: Mittwoch 5. November 2025, 19:00 Uhr.
Wo? Fakultät für Architektur des KIT, Foyer 1. OG, Englerstraße 7, Karlsruhe
Für wen? Alle Interessierten – Eintritt frei!