CAMPUS & MEHR, FORSCHUNG, STUDIUM
Text: Andreas Schäfer
In Zeiten von „Fake-News“ und subjektiven Wahrheiten hat die Wissenschaftskommunikation einen ganz besonderen gesellschaftlichen Auftrag. Denn gerne werden Fakten verdreht und Wissenschaft als Meinung abgetan. Da ist es besonders wichtig, dass gerade die Menschen, die sonst über ihren Büchern, Computerbildschirmen und Reagenzgläsern sitzen, zeigen, dass wissenschaftliche Fakten eben mehr als subjektive Ansichten sind. Wissenschaftskommunikation ist der notwendige aber inhaltlich fundierte Populismus für so manch‘ trockene Thematik.
Im letzten Jahr konnte ich beim FameLab Regionalentscheid in Karlsruhe zeigen, wie verständlich Wissenschaft im Falle von Naturkatastrophen sein kann. Hier erreichte ich den zweiten Platz. Danach ging es nach Bielefeld zum FameLab Deutschlandfinale, wo es dann aber nicht ganz für‘s Siegertreppchen reichte. Immerhin konnte die Karlsruher Erstplatzierte, Kerstin Göpfrich, den Publikumspreis abräumen.
Wissenschaftskommunikation – Emanzipiert und Aufgeklärt!
Allerdings muss ich zugeben, dass es nicht meine erste Erfahrung auf einer Bühne außerhalb der üblichen Fachkonferenzen ist, um über mein Forschungsgebiet zu reden. Seit Anfang 2016 bin ich aktiver Science Slammer. In Karlsruhe ist das mittlerweile ein bekannter Begriff: Wenn Philipp Schrögel im Jubez mit ein Programm voller Physiker, Ingenieure und Mediziner überzeugt, weiß zu Beginn des Abends eigentlich jeder, was ein Science Slam ist. Ab und an begegnet einem neben den üblichen naturwissenschaftlichen Verdächtigen aber auch so mancher Geisteswissenschaftler. Ach, jetzt habe ich da doch glatt die Genderschreibweise vergessen! Aber die ist gar nicht nötig, denn die meisten Bühnen auf denen ich bisher unterwegs sein durfte, waren äußerst emanzipiert. Längst ist hier das Verhältnis beinahe gleichmäßig auf Männlein und Weiblein verteilt. Das gilt auch für die Erfolgsquote, bei der man höchstens eine gewisse fachliche Neigung feststellen kann. Mit den körperlichen Gebrechen der Medizin können sich die Zuschauer interessanterweise einfacher identifizieren als mit möglichen Elektronenpotentialen der Physik. Bei FameLab hilft glücklicherweise eine Fachjury bei der Bewertung der Vorträge, da kann man auch aus wissenschaftlichen Randgruppen (Geophysik) einen Erfolg verzeichnen.
Die Technik macht es!
Egal, ob es sich aber nun um einen Science Slam (10min Präsentation + Powerpoint), FameLab (3min + Requisiten ohne Powerpoint) oder eine andere Form der verständlichen Wissenschaft handelt – Metaphern sind stets ein adäquates Mittel um abstrakte Wissenschaft auf einmal alltäglich und begreifbar wirken zu lassen. Da wird schon mal die Chaostheorie auf das unaufgeräumte Zimmer übertragen (naheliegend), Wahrscheinlichkeits- und Erfolgstheorie bei der Wahl des Ehepartners (weniger naheliegend) und manchmal werden Neuronen sogar personifiziert (verwunderlich). Da man ja stets auf sein Bauchgefühl vertrauen sollte, wurde bei meinem Thema – der Geophysik – Erdbebenaktivität eben mit Verdauungsproblemen gleichgesetzt.
Größter Unterschied zwischen Science Slams und FameLab ist, dass es keine begleitende PowerPoint-Präsentation gibt. Man arbeitet drei Minuten lang mit Worten, dem eigenen Körper und bei Bedarf mit dem Publikum oder mitgebrachten Requisiten. Während ich bei Science Slams meinen Text meist nahezu vollständig improvisiere und mich von Folie zu Folie arbeite, die mich dann stets an die richtigen Pointen erinnern, musste ich tatsächlich für FameLab einen Text vorbereiten. Das war (zumindest für mich) eine gewaltige Umstellung, aber auch gute Übung. Letztlich war es dann aber doch wieder eine Mischung aus auswendig gelernten Stichworten und improvisierten Überleitungen. Dennoch, drei Minuten wollen gefüllt sein und so gilt es diese Stichworte vorzubereiten und eine Geschichte in dieser Zeit zu erzählen. Das verlangt dann doch einiges an Vorbereitung und Übung. Wer jedoch einen der Vorentscheide übersteht, gewinnt genau zu diesem und vielen weiteren Punkten einen aufschlussreichen Workshop beim British Council (dem Veranstalter & Organisator des FameLab Germany): Die Masterclass in Berlin. Hier lernt man genau, wie man sich am besten auf Präsentationssituationen vorbereitet und wie man mit Medienvertretern umgeht. Allein dafür hatte es sich bereits gelohnt.
Allein auf der Bühne – oder doch nicht?
Für viele ist die Vorstellung auf der Bühne zu stehen ein Graus. Schon in der Schule war ein Referat vor 30 Menschen ein Albtraum. Wie ist es dann erst vor 300 Menschen oder mehr? Nun, anfangs gehört wohl erstmal Mut dazu, mit der Zeit kommt Routine, auch ich habe heute stets noch ein bisschen Lampenfieber, wenigstens in den Minuten direkt bevor aus auf die Bühne geht. Aber sobald man dort oben ist, hilft Adrenalin und ein bisschen Selbstbewusstsein dann geht fast alles von selbst. Meistens will man nach den 3 bzw. 10 Minuten sogar noch länger bleiben.
Die größte Sorge, ist immer die Angst vor dem Publikum, aber aus Erfahrung sage ich: Das FameLab-Publikum ist stets dankbar! Niemand erwartet Vollblut-Entertainment, sondern interessante und aktuelle Geschichten aus der Wissenschaft. Fehler oder Nervosität in der Darbietung werden da gerne verziehen. Im Kulturzentrum Tollhaus beim FameLab Vorentscheid ging es sogar zweimal für je drei Minuten auf die Bühne. Als ich das anfangs hörte, war ich eher beunruhigt nun 2 Vorträge vorzubereiten, die auch noch unterschiedlich sein mussten. Die Ironie der Sache aber war, nach der 2. Runde wäre man am liebsten noch ein drittes Mal da rausgegangen.
Warum das Ganze?
Wie anfangs beschrieben, leben wir in Zeiten in denen Menschen gerne die einfachen Wahrheiten suchen. Leider ist unsere Welt selten „einfach“, aber egal auf welcher Bühne man sich befindet, bei FameLab oder beim Slam, man bekommt die Möglichkeit Wissenschaft immerhin einfach verständlich zu machen und dann ein breites Publikum weiterzugeben. In meinem eigenen Forschungsgebiet, den Naturkatastrophen, wird gerne viel verdreht und instrumentalisiert, egal ob es sich um Fracking, Klimawandel oder den Weltuntergang dreht. Noch dazu sind gerade Erdbeben oder Tsunamis so selten, dass diese gerne in der Geschichte vergessen werden und man dann überrascht ist, wenn der Erdboden die halbe Nachbarschaft weggerüttelt oder der Tsunami sie weggespült hat, obwohl das vermeidbar gewesen wäre mit angemessener Aufklärung und Vorbereitung. Für mich ist es daher beinahe etwas persönliches, eine moralische Pflicht, meine Forschung und ihre Ergebnisse verständlich und informativ weiterzugeben. Bei anderen hat es manchmal sogar medizinische Gründe, dass sie heute auf der Bühne stehen, oder auch nur der Wunsch den Menschen die Angst vorm Fortschritt zu nehmen. Aber, was eigentlich alle gemeinsam haben, die auf diesen Bühnen unterwegs sind, ist die Freude und Leidenschaft für ein Thema, die sie mit einem interessierten Publikum teilen wollen.
Info: Jetzt bewerben!
Du bist Nachwuchswissenschaftler, Ingenieur oder im MINT-Bereich in der Forschung tätig? Ob Astronomie, Biologie, Biotechnologie, Chemie, Informationstechnologie, Mathematik, Medizin, Pharmazie, Physik oder Robotik – das Forschungsgebiet in dem du tätig bist ist so spannend, dass du es auf der Bühne präsentierten willst?
Beim Regionalentscheid am 7. März in Karlsruhe kannst du zeigen, was du drauf hast! Wenn du mindestens 21 Jahre alt bist und dich dieser Challenge stellen möchtest, kannst du dich hier anmelden.
Freitag, 19. Januar, 2018
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